Samstag, 16. März 2013

Wer weiß, was du denkst?

Thorsten Havener behauptet "Ich weiß, was du denkst" und das ganz ohne Hellseherei oder vergleichbare übersinnliche Fähigkeiten. Havener ist ein ausgewiesener Körpersprachenexperte und vermag es, sein Gegenüber sehr genau zu beobachten: Gestik, Mimik und die gesamte Körpersprache lassen die Gedanken selbst ohne ein einziges gesprochene Worte sichtbar werden.


Der Spiegel bezeichnete ihn als den "Uri Geller für Aufgeklärte", die Süddeutsche Zeitung gar als ein "angehendes Weltwunder“; Johannes B. Kerner und Stefan Raab ließen sich von ihm derart beeindrucken, dass sie ihn nun alle Nase lang in ihre Shows einladen. Obwohl er von sich selbst durchaus bisweilen als Mentalist spricht, legt er normalerweise wert darauf, dass das Ganze nichts mit Hokuspokus sondern allein mit Menschenkenntnis zu tun hat. Und dass sich diese antrainieren lässt und sogar in beruflichen und privaten Erfolg ummünzen lässt, will er in seinem Buch beweisen.

Lesen Sie einen Auszug aus dem Buch

"Ich weiß, was du denkst: Das Geheimnis, Gedanken zu lesen"

von Thorsten Havener

"Alles begann am 12. April 1986. Seit diesem Tag ist nichts mehr wie zuvor, mein Leben sollte sich schlagartig verändern. Es war der Tag, an dem mein Bruder beim Fallschirmspringen tödlich verunglückte . . . Einige Wochen später, als ich sein Zimmer aufräumte, fand ich zufällig ein paar Requisiten für Zaubertricks, die Christian sich einige Jahre vor seinem Tod gekauft hatte. Er war kein Entertainer gewesen, aber für ihn hatte die Zauberei immer etwas Faszinierendes gehabt. Er hatte deshalb einiges auf diesem Gebiet ausprobiert, aber seine Bemühungen immer schnell wieder aufgegeben, weil er nicht gern vor Publikum stand. Ich war zeitlebens ein ganz anderer Typ und genoss es bereits als Kind, vor Menschen aufzutreten und sie zu unterhalten. Meine erste Chance dazu bekam ich bereits mit sechs Jahren, als ich auf einer Hochzeitsfeier Otto-Witze erzählte. An diesen Auftritt erinnere ich mich noch heute ganz genau. In dem Moment, als ich im Zimmer meines Bruders stand und seine Zauberutensilien in Händen hielt, passierte etwas mit mir. Ich war sofort gefesselt, das spürte ich, und schlagartig für diese Sache entfacht. Mit Hilfe der Utensilien konnte 10 ich mich in eine Welt flüchten, in der es buchstäblich keine Grenzen gab. In eine Traumwelt, die mir ganz allein gehörte und die ich dennoch, wenn ich wollte, auch mit anderen teilen konnte. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich meine Liebe zur Zauberkunst zu einer regelrechten Sucht. Ich war gefangen von den grenzenlosen Möglichkeiten und gab mein gesamtes Taschengeld für Zaubertricks aus. Teilweise wartete ich wochenlang fieberhaft auf Pakete aus München oder Hamburg, wo ich die Utensilien bestellte. Wenn diese endlich ankamen, sperrte ich mich in meinem Zimmer ein und übte. Übrigens: Etliche dieser Sendungen aus München wurden von meiner heutigen Frau zur Post gebracht, weil sie bei dem von mir favorisierten Versandhändler arbeitete. Ich lernte sie Jahre später auf einem Zauberkongress kennen, und wir sind seit dieser Zeit ein Paar. 1986 sollte auf diese Weise eines der wichtigsten Jahre meines Lebens werden, und auch die nächsten Monate brachten mir entscheidende Erkenntnisse und unersetzliche Begegnungen. Im Sommer reiste ich nämlich mit einer Jugendgruppe nach Frankreich. Als Betreuer auf dieser Reise fuhr ausgerechnet der Hobbyzauberer Jörg Roth mit. Wir freundeten uns sofort an und tauschten uns über unsere Erfahrungen mit der Zauberei aus. Von ihm lernte ich viel, und schon im Dezember desselben Jahres hatte ich gemeinsam mit ihm meinen ersten Auftritt bei der Weihnachtsfeier einer Kirchengemeinde. Alles lief erstaunlich gut, und von diesem Tag an wusste ich ganz sicher: Das will ich später beruflich machen. Sämtliche Reisen hatten ab diesem Zeitpunkt nur noch einen Zweck: mehr über die Möglichkeiten in Sachen « Zauberkünste » zu erfahren. In New York beispielsweise gab ich alle meine Ersparnisse für Zauberaccessoires aus, die ich dann mit Hilfe meines Vaters nach Deutschland schmuggelte. Mein erster Aufenthalt in Wien war vollständig dem Zauberladen « Viennamagic » gewidmet. Allerdings hatte ich noch nicht das richtige Gefühl bei der Auswahl der Tricks entwickelt. Ich kaufte wahllos einfach alle Zutaten, die ich mir damals leisten konnte. Unter anderem einen Geldbeutel, aus dem Flammen loderten, wenn man ihn öffnete. Ich führte diesen Trick niemals öffentlich vor, aber beim Üben im Hotelzimmer löste ich damit einen Feueralarm aus, sodass sämtliche Bewohner noch spät am Abend aufgeregt ihre Zimmer räumen mussten – nur weil ich einen kleinen Zaubertrick ausprobiert hatte. In dieser Zeit zauberte ich überall: im afrikanischen Busch oder auch auf einer kleinen Insel der Seychellen. Nichts anderes war mir wichtig. Endlich gab es etwas, womit ich die Leute begeistern konnte. Für meine Passion nahm ich deshalb auch viele Mühen auf mich. Als ich 1987 mit meiner Mutter nach Kalifornien fliegen durfte, tat ich das nur, weil ihre Reisegruppe einen Abstecher nach Las Vegas machen sollte. Dort wollte ich unbedingt die Show von Siegfried und Roy sehen. Was ich vorher nicht gewusst hatte: Damals war es in den USA unmöglich, ohne Begleitung eines Erwachsenen auch nur einen Orangensaft zu bestellen, wenn man noch keine 21 Jahre alt war. An den Besuch einer Abendshow gemeinsam mit mir wagte unser Reiseleiter daher noch nicht mal zu denken, wie ich zu meinem Bedauern feststellen musste. Aber es sollte alles ganz anders kommen, wie ich noch erzählen werde. Dass ich all diese Highlights und mein einziges Ziel verpassen würde, hatte ich erst in San Francisco am zweiten Tag der Rundreise erfahren. Vor lauter Frust gab ich deshalb mein ganzes Geld in einem Zauberladen an der Fisherman’s Wharf aus und kaufte dort die wichtigsten Tricks ein, die ich während meiner kompletten Schulzeit und auch noch am Anfang meines Studiums bei meinen Vorführungen einsetzen sollte. Meine Mutter hatte schließlich die geniale, rettende Idee, um mich doch noch in die Show zu schmuggeln: « Wir schminken dich älter », meinte sie. Gesagt, getan. Und der Clou, so ergänzte sie, werde sein, dass der Effekt sehr viel überzeugender ausfallen werde, wenn sie mich in eine Frau verwandeln würde. Mir war sofort klar, dass dies leicht möglich sein sollte: Ich hatte zu dieser Zeit schulterlange Haare, keinen Bartwuchs, und drei Viertel der Reisegruppe war sich sowieso nicht sicher, ob ich ein junger Mann oder doch eine junge Frau wäre. Sie sehen, wieweit mich meine Obsession schon vereinnahmt hatte: Ich stimmte dem Plan tatsächlich zu: « Ja, genau so werden wir es machen. » Ich ging also wirklich geschminkt, mit hohen Schuhen, Abendkleid und Handtasche ausgestattet zum Eingang des Veranstaltungsraums. Und mein Vorhaben sollte tatsächlich klappen: Ich konnte die Show miterleben! Es war phantastisch. Und den Aufwand allemal wert. Als ich diese Geschichte Jahre später Siegfried erzählte, war er begeistert und rauchte sofort eine Zigarre mit mir – in aller Freundschaft. Glücklicherweise war es in der Folgezeit nicht mehr notwendig, mit derartigen Tricks zu arbeiten. Und Langzeitschäden trug ich ebenfalls nicht davon. Vier Jahre später reiste ich dann als Thorsten Havener erneut nach Las Vegas, um mir die Show meines Jugendidols David Copperfield anzuschauen. Ein ähnlich prägendes Erlebnis, weil er schon immer ein großes Vorbild für mich gewesen war und seine Kunst mich maßgeblich beeinflusst hatte. Schon während meiner Schulzeit ließ ich auf unzähligen Geburtstagen, Vereinsfeiern, Sommerfesten, Hochzeiten oder Stadt- und Schulfesten Sektflaschen und Tische schweben. Mein Repertoire umfasste bereits alle Klassiker der Zauberkunst: Ringe verketten und wieder lösen, Bälle zwischen den Fingern erscheinen und verschwinden lassen usw. Das volle Programm. Das alles unterlegt mit Musik von Pink Floyd, Steve Miller, Sting und Madonna. In den neunziger Jahren nahm ich sogar an Show-Wettbewerben teil und bin französischer Meister im Zaubern in der Sparte « Magie Générale » geworden. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich mit meiner heutigen Frau nach Tours fuhr und dort mit ihr in einem modernistischen Plastikhotel wohnte, nur um am Wettbewerb teilnehmen zu können. Sie merken schon, während der Schulzeit gab es für mich scheinbar nur einen Berufswunsch: Zauberer. Das stimmt allerdings nicht ganz, denn ich wäre auch gern Musiker geworden. Aber die Jams meiner Schülerband « Reinhard and the Nobbers of Incompetention » waren nicht annähernd so erfolgreich wie meine Auftritte als Zauberer. Ob das am Namen der Band oder unseren musikalischen Interpretationen lag, lässt sich heute nur schwer feststellen. Die endgültige Entscheidung für meine heutige Laufbahn fi el während meines Universitätsstudiums der « Angewandten Sprachwissenschaft sowie Übersetzen und Dolmetschen ». Schon in der Schule hatte ich mich als ernsthafter Zauberer auch mit den Randgebieten der Zauberkunst befasst: mit Hypnose, Körpersprache, Techniken der Aufmerksamkeitslenkung und Okkultismus. Diese Themen interessierten mich wirklich. Doch während meines Auslandsstudiums in Monterey in Kalifornien schließlich platzte eines Tages – genau genommen bei einer Dolmetscherübung – der letzte Knoten. Von einem bestimmten Moment an hatte ich den Eindruck, schon vorab genau zu wissen, was der Redner, dessen Vortrag ich übersetzen sollte, als Nächstes sagen würde. Ich erahnte plötzlich intuitiv, welches Thema er im Folgenden anschneiden würde, und hatte von da an immer das Gefühl, ganz nah am, ja direkt mitten im Geschehen zu sein – viel näher an der Sache als zuvor. Ich konnte mich auf meine Empathie verlassen! Dieser zweite Wendepunkt in meinem Leben ereignete sich im Frühjahr 1998. Mein Können wollte ich zukünftig auch meinem Publikum in einem Experiment demonstrieren. Ich setzte den Plan sofort in die Tat um: Bei meinem nächsten Auftritt bat ich einen Zuschauer, an eine Person zu denken, die er gern mochte. Daraufhin sagte ich ihm auf den Kopf zu, dass er an seine Tochter mit dem Namen Sabine denke. Der Mann begann daraufhin zu zittern und bekam Schweißperlen auf der Stirn. Eine vergleichbare Reaktion hatte ich in meiner bisherigen Laufbahn noch kein einziges Mal durch einen klassischen Zaubertrick auslösen können. Dieses Erlebnis bestärkte mich weiter in meinem Vorhaben, die herkömmliche Zauberkunst aufzugeben und mich ganz dem Gedankenlesen zu verschreiben. Immer wieder werde ich gefragt: « Wie machen Sie das eigentlich, Herr Havener? » Eine berechtigte Neugier, und doch liegt in der Antwort zugleich mein gesamtes Geschäftskapital. Verständlicherweise. Die Frage wurde mir allerdings so oft gestellt, dass ich nach einiger Zeit Überlegungen anstellte, ob ich nicht doch einige wichtige Techniken der Allgemeinheit zur Verfügung stellen sollte. So wurde die Idee zu diesem Buch geboren: Ich würde einen Einblick in meine Werkzeugkiste mentaler Instrumente gewähren. Ich könnte ausführen, welche Methoden auch im Alltag – und nicht nur auf der Bühne – anwendbar sind. Darüber hinaus könnte ich erzählen, wie ich diese Methoden bislang genutzt und welche Erlebnisse ich bei deren Anwendung hatte. Genau das alles werden Sie deshalb in diesem Buch erklärt finden. Nachdem Sie bei sich selbst die Grundlagen des effizienten Beobachtens, Denkens und Einschätzens geschaffen haben, werden Sie es mir möglicherweise nachtun können, die Gedanken anderer Menschen zu erahnen. Schritt für Schritt. Was ich eigentlich sagen wollte: Letztendlich war mein Schicksal schon am 12. April 1986 besiegelt worden. Mein Leben hätte sich sicher ganz anders entwickelt, wenn mein Bruder sich nicht ein paar Utensilien zum Zaubern gekauft hätte. Aus diesem Grund widme ich dieses Buch meinem Bruder Christian. Du fehlst mir sehr. München, im November 2008 Thorsten Havener"


KAPITEL EINS

DIE WELT IST DAS WOFÜR WIR SIE HALTEN

 Mein Studium des Fachs « Übersetzen und Dolmetschen » war sehr interessant und hat mir viel Spaß bereitet. Hier hatte ich Gelegenheit, täglich dieselben Menschen bei ihren Vorträgen intensiv zu beobachten. Das war sehr wichtig für mich, denn meine Aufgabe als angehender Dolmetscher bestand darin, diese Reden in eine andere Sprache zu übersetzen: entweder ins Englische, Französische oder Deutsche. Ein Job, der sehr viel Konzentration und eine schnelle Auffassungsgabe erfordert. Ich kannte nach einigen Semestern unwillkürlich die Eigenheiten sämtlicher Redner. Ich wusste genau, wie sich jeder Einzelne präsentiert: ob er gerne mit den Beinen wippt, sich beim Reden mit den Fingern durch die Haare fährt oder unruhig hin und her blickt, wenn er nervös wird. Und vieles mehr. Eines Tages nahm ich mir bewusst vor, weniger auf das zu achten, was gesagt wurde, sondern vielmehr mein Augenmerk darauf zu richten, wie es geäußert wurde. Durch die Zauberei war ich ein sehr guter Beobachter geworden. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich einmal in meiner Dolmetscherkabine saß und allein durch genaues Hinsehen zum ersten Mal erkannte, wann der Sprecher sein Thema wechseln würde. Sobald ich auf die richtigen Signale achtete, war es möglich, diesen Moment herauszufinden! Wie gesagt war mir dieses Phänomen 1998 in Kalifornien bewusst geworden. Aber was bedeutete das für mich und meine Arbeit? Und weitergehend: Welche allgemeine Erkenntnis ließ sich daraus ableiten? Das waren die Fragen, die mich ab diesem Zeitpunkt beschäftigten. Ich las daraufhin sehr viel über die Zusammenhänge zwischen Psychologie und Gehirnforschung. Und mir wurde rasch Folgendes klar: Die Signale, die ich jetzt wahrnahm, hatte ich auch schon früher empfangen. Ich hatte sie nur nicht beachtet. Jeder Mensch verfügt über Eigenheiten, die viel über seine Person und seine Gedankenwelt verraten. Aber ich hatte all diese Details nie bewusst wahrgenommen, und daher waren sie für mich wie nicht existent. Das heißt aber nicht, dass diese Botschaften nicht dennoch die ganze Zeit über ausgesendet worden sind! Mein persönliches Fazit: Ab einem bestimmten Moment hatte ich mich stärker auf das konzentriert, was mir zuvor durch meine ausgewählte Perspektive verborgen geblieben war. Durch die Veränderung meiner Sicht auf die Realität konnte ich von jetzt an Facetten der Wirklichkeit erkennen, die normalerweise von vielen unbeachtet und unausgewertet bleiben. « Das Geld liegt auf der Straße, man muss es nur aufheben », heißt es in einem Spruch. Mit dem Sehen und Erkennen ist es genauso: Man muss beides nur auf die richtigen Ziele richten.  

Das Wahrnehmungs-Experiment  

Bitte nehmen Sie sich 30 Sekunden Zeit und sehen Sie sich in dem Raum um, in dem Sie sich gerade befinden. Bitte merken Sie sich in der nächsten halben Minute so viele blaue Gegenstände, wie Sie von Ihrem Platz aus sehen können. Lesen Sie erst dann weiter.  

 Haben Sie viele blaue Gegenstände gesehen? Gut, dann nennen Sie mir jetzt bitte, ohne sich erneut umzuschauen, drei grüne Dinge aus demselben Raum.  

Sehen Sie: Sie haben sich so sehr auf eine Sache konzentriert, dass Ihnen anderes verborgen geblieben ist, obwohl es existiert! Ganz simpel. Auf diese Weise dringt vieles nicht in unser Bewusstsein, weil wir sofort vergessen, was wir zwar gesehen, aber nicht realisiert haben. Lesen Sie jetzt bitte folgenden Satz:  

« 75,2 Prozent aller befragten Teilnehmer hatten Probleme, sich an die genaue Zahl der Teilnehmer zu erinnern, die – ohne erneutes Hinsehen – die Prozentzahl vom Anfang dieses Satzes wiedergeben konnten, sobald sie an dessen Ende angelangt waren. » Wie ist es Ihnen dabei ergangen?  

Mir scheint: Je älter wir werden, desto ungenauer beobachten wir. Meine Kinder dagegen sehen die unglaublichsten Dinge um sich herum und experimentieren ständig damit, Gegenstände zweckzuentfremden. Als Erwachsene tun wir das nicht mehr. Wir erkennen etwas und stimmen das Gesehene sofort mit unserer Erfahrung ab. Oft bemerken wir die Dinge dadurch nicht mehr als das, was sie wirklich sind, sondern kreieren unsere eigene Welt durch unsere ganz persönlichen Filter. Wie die folgende Leseprobe zeigt:  

« Sicherlich knenen Sie auch dei Studie, in dre hersuafegnuden wrude, dass die Reinehfl oge der Bustchabne für uns nihct mher witchig ist. Nur die esrten und ltezten Buhctsaben müssen krorket sein. Wir heban die Wröter so oft gesehen, dass wir die fl asche Reiehnfl oge druch unsere Erafhrung umtslelen und die rcihtige Beduetung der Wörter so in unesrem Kopf autoamtisch enttseht . . . »  

Sie sehen: Unsere Erfahrungen bestimmen, was wir sehen! Abgesehen davon, dass wir Unmengen an Informationen überhaupt nicht bewusst wahrnehmen, filtern wir zusätzlich noch weitere Details aus, indem wir die Wirklichkeit durch unser Vorwissen (oder jedenfalls durch das, was wir zu wissen glauben) ergänzen oder gar zu vervollkommnen versuchen. Alles soll unseren Erwartungen entsprechen. Diese Selektion ist allerdings sehr wichtig, auch wenn sie einen negativen Eindruck macht, denn wenn wir sie nicht träfen, dann würde uns die Informationslawine erdrücken. Unsere Sinne täuschen uns dabei immer wieder – unaufhörlich. Denn beim Sehen, Fühlen, Riechen, Tasten und Schmecken können wir nie alle Aspekte gleichzeitig wahrnehmen – das liegt in unserer Natur. Die Augen zum Beispiel müssen eine dreidimensionale Welt auf der Netzhaut abbilden, die lediglich zweidimensional ist. Dabei gehen bereits viele Informationen verloren. Bei diesem Prozess nehmen unsere Sehorgane aber immer noch ungefähr ein Gigabyte an Informationen pro Sekunde auf. Das ist extrem viel. Es entspricht beispielsweise einer Datenmenge von ungefähr 500 000 Buchseiten. Damit wir aus diesen Informationen das uns Wesentliche und Wichtige herauslesen können, müssen wir auswählen. Und auch das ist uns nur in sehr beschränktem Maß gezielt möglich. George A. Miller hat in seiner Arbeit « The Magical Num21 ber Seven, Plus or Minus Two: Some Limits on Our Capacity for Processing Information » gezeigt, dass der Mensch lediglich die Fähigkeit hat, bis zu sieben plus oder minus zwei Informationseinheiten gleichzeitig wahrzunehmen. Sobald es mehr werden, ist der Beobachter überfordert und beginnt, die Dinge fehlerhaft zu erkennen und automatisch, sozusagen zum Selbstschutz, auszublenden. Ein Beispiel: Die Zahl 1726404 können Sie sich vielleicht nach einmaligem Hinsehen fehlerfrei merken. Bei der Zahl 172640485 wird das schon sehr viel schwieriger sein. Denn jede hinzugefügte Ziffer ist eine weitere Informationseinheit. Aber wenn Sie die zweite Zahl in drei Informationseinheiten zu je drei Ziffern aufteilen, fällt es Ihnen schon leichter, sie sich zu merken. Sie wissen sofort: 172 640 485. Sehen Sie? Kennen Sie das Gefühl, dass jemand eine Ihnen bekannte Telefonnummer in andere Informationseinheiten verpackt und Sie dieselbe Nummer deshalb nicht mehr sofort erkennen? Eine Erklärung: Sie sind es gewohnt, Ihre Telefonnummer in folgenden Paketchen zu diktieren: «7 444 27 66.» Und jemand sagt: «Aha, ich habe verstanden: 744 42 76 6.» In diesem Fall müssen Sie die Ihnen eigentlich bekannte Zahl in Ihr System übertragen und erneut auf ihre Richtigkeit hin kontrollieren, weil Sie nicht auf die gewohnte Weise mit ihr konfrontiert wurden. Mit solchen Reaktionen können Sie Ihren Mitmenschen das Leben sehr schwer machen. Zudem: Bei allem, was die sieben plus oder minus zwei Informationseinheiten überschreitet, sind Sie nicht mehr in der Lage, es richtig zu verarbeiten. Die Wirkung einer Informationsüberladung funktioniert bei uns so zuverlässig, dass diese Technik sogar als Einleitung zur Hypnose benutzt wird! Um zu überleben, müssen wir uns also ununterbrochen die für uns relevanten Informationen herausfiltern. Natürlich ist es möglich, diese Filter auszutauschen."

© 2009 Rowohlt Verlag GmbH

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen